von Carla Schwer

Nach zwei Jahren Projektlaufzeit wird unser Kooperationsprojektes „An die Grenze gehen“ im August abgeschlossen. Während dieser zwei Jahre haben das Institut für Deutschlandforschung (IDF) der Ruhr-Universität Bochum und das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk (IBB) e.V. gemeinsam an dem Projektziel gearbeitet, junge Menschen für die Beschäftigung mit deutsch-deutscher Geschichte zu begeistern. Schon zu Beginn des Projekts stand fest, wohin die Reise gehen sollte: An die Grenze. Die Begegnungsstätte am Goldensee in Groß-Thurow in Mecklenburg-Vorpommern liegt genau dort, wo BRD und DDR jahrzehntelang durch die Grenzanlagen getrennt waren. Die Gebäude dienten während der sowjetischen Besatzung selbst kurze Zeit als Unterbringungsort von Grenzsoldaten und sind nun Begegnungs- und Lernort für verschiedenste Gruppen.

Aber wie weckt man nun das Interesse junger Menschen für dieses Kapitel der deutschen Geschichte?

Dies erfolgte in zwei Schritten: In Seminaren an der RUB konnten wir Studierende verschiedener Studienrichtungen zunächst bei ihrem eigenen Lernprozess begleiten. So erarbeiteten sie sich historische Inhalte, besuchten im Rahmen einer Exkursion die Stadt Weimar und reflektierten über Gedenkorte und zielgruppengerechte Museumsarbeit. Neben der historischen Ebene galt es aber auch die vermittelnde Ebene zu beachten: Wie können diese Studierende das Wissen, welches sie sich selbst angeeignet haben, an jüngere Zielgruppen vermitteln? Über die theoretische Beschäftigung mit und die eigene, praktische Erprobung von Methoden der politischen Bildungsarbeit wurden die Studierenden zu Teamenden: Sie konzipierten selbstständig eintägige Workshops zu Schwerpunktthemen, machten sich mit rechtlichen Rahmenbedingungen der Begleitung von Jugendfahrten vertraut und planten ein Rahmenprogramm für eine viertägigen Bildungsreise in das ehemalige Grenzgebiet in Mecklenburg-Vorpommern.

Der zweite Schritt war nun die eigentliche Durchführung der Bildungsreisen. Die erste Reise im Oktober 2022 wurde auf Initiative der Studierenden zur Begegnungsfahrt: eine AG-Gruppe aus Heidenau (Sachsen) und eine Jugendgruppe aus Südwestfalen verbrachten und lernten die vier Tage gemeinsam im Einzugsgebiet der ehemaligen Grenze. Die anderen beiden Fahrten im April und Mai 2023 wurden – wie ursprünglich geplant – mit einzelnen Gruppen, einmal aus Wattenscheid (NRW) und Ückeritz (MV), durchgeführt.

So konnten insgesamt drei Workshopkonzepte erprobt werden, von denen zwei für die anschließende Veröffentlichung überarbeitet und aufbereitet wurden. Und dies führt zu der Frage, die wohl jedes Projekt beschließt:

Was bleibt?

Zunächst einmal bleiben die individuellen Lernerlebnisse der Studierenden, der Jugendlichen und auch des Projektteams. Den Studierenden wurde ermöglicht, sich selbst als Lehrende und Lernbegleiter:innen zu entdecken und erste Erfahrungen in der historisch-politischen Bildungsarbeit zu sammeln. Viele von Ihnen sind auch daran interessiert, dieses Berufsfeld weiter für sich zu erkunden.  Dies ermöglicht ihnen auch der Kontakt zu dem Projektpartner IBB e.V. , der sich durch das Projekt ergeben hat und in beiderseitigem Interesse liegt.

Einen lieben und herzlichen Dank an die Teamer:innen, die unsere drei Fahrten begleitet haben: Lena Meyer, Annemarie Sachs, Franziska Lecher, Iska Haßfeld, Younis Ali, Lucas Lessenich, Stefan Boresch und Feo Böcker.

Außerdem konnte ca. 60 Jugendlichen eine kostenfreie Bildungsreise angeboten werden, auf denen sie durch die Begleitung von jungen Erwachsenen in Kontakt gekommen sind mit der Geschichte des ehemaligen Grenzgebiets. Dies wurde ihnen ermöglicht sowohl mit persönlichen Geschichten von Zeitzeug:innen, wie auch dem Besuch von historischen Orten und Gedenkstätten wie bspw. dem ehemaligen Gefängnis Demmlerplatz in Schwerin oder der nachgebauten Grenzanlage im Grenzhus in Schlagsdorf.

Danke hier auch an Tanja Strukelj, Svenja Meschede, Dinah Hamm und Charlotte Lyding, die sich mit ihren Jugendgruppen auf eine Reise mit uns gewagt haben 😊

Neben diesen sehr persönlichen Projektergebnissen, gibt es aber auch welche, die einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden: Zwei der Workshopkonzepte, die die Studierenden selbst entwickelt und an Jugendgruppen erprobt haben, werden als OERs (Open Educational Resources) veröffentlicht und können so von verschiedensten Bildungsinstitutionen genutzt werden. Gedankt sei an dieser Stelle Konstantin am Mihr, Hannah Dohlen, Salome Faigle und Thorsten Niemitz für die Erstellung des Konzepts mit dem Titel: „Wer bin ich und warum? – (Ost-)Deutsche Identitäten und ihre Geschichte“ und Sophie Kossuch, Lara Neu, Kristoph Reimann und Amelie Zeile für die Arbeit und Auseinandersetzung mit den Themen Freiheit und Unfreiheit, aus der das Konzept „(Un-)Freiheit – Die DDR bestimmt mein Leben“ entstanden ist.

Außerdem wird die Bildungsreise „An die Grenze gehen“ im Programm des IBB e.V. aufgenommen und künftig können Schulen und andere Bildungsträger die Reise buchen. So wird auch die Programmplanung, der Kontakt zu den Gedenkstätten und zu der Begegnungsstätte beibehalten und genutzt. Hier kommen auch wieder die Teamenden ins Spiel: Sie können ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit dem Ort und den Inhalten nachhaltig weitergeben.

Das wäre natürlich alles nicht möglich gewesen ohne zahlreiche andere Personen, die geholfen und unterstützt haben, wie z.B. unsere Kontaktpersonen in den Gedenkstätten vor Ort, in der Begegnungsstätte…

Wir hoffen sehr, dass die Projektergebnisse weiterhin genutzt werden und Menschen dazu ermuntern, sich mit deutsch-deutscher Geschichte auseinander zu setzen. Over und Out.

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